Christiane Nüsslein-Volhard

Christiane Nüsslein-Volhard (* 20. Oktober 1942 in Heyrothsberge bi Meideborg) is ein düütsch Biologin un Biochemikerin. Se befaat sück mit Genforschung un Entwicklungsbiologie an dat Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen un leit en Emeritus-Forschungsgrupp mit den Titel Color pattern formation. Se kreeg 1995 den Nobelpries för Physiologie oder Medizin för hör Forschungen över de genetische Kontrolle vun de fröh Embryonalentwicklung.[1] In Fackwarken wurrd hör Naam deelwies mit CNV afkört.

Christiane Nüsslein-Volhard (2007)
 
Christiane Nüsslein-Volhard (2007)

Christiane Volhard wurr an’n 20. Oktober 1942 in Heyrothsberge bi Meideborg as tweet vun fief Kinner boren. Hör Vader Rolf Volhard weer Architekt, hör Moder Brigitte Haas Kindergordenkraft. De Chemiker Jacob Volhard weer he Oorgrootvader. Hör Jöögd hett se in dat Huus vun hör Grootvader, den Hart- un Nierenspezialisten Franz Volhard, dicht bi Frankfort an’n Main, wo hör Familie nah den Krieg Toflucht söcht harr. Se hett sück all fröh för Planten un Deerten interesseert un wuss all mit 12 Johren, dat se Biologin wurrn wull. Beinfloot vun Konrad Lorenz un anner Verhollensforscher hett se to de Abiturfier en Referat över de Sprache bei Tieren hollen.

Nah dat Abitur an de Schillerschool in Frankfort an’n Main fung se 1962 an, Biologie an de Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfort an’n Main to studeeren. 1964 wessel se to dat Biochemiestudium an de Eberhard Karls Universität Tübingen. Van 1967 bit 1977 weer se mit den Physiker Volker Nüsslein verheiraadt. De kinnerlos Ehe wurr 1977 schett. De Ex-Ehemann hett later de Naam vun sien tweet Fru annommen un wurr Fackhoochschoolperfesser. Christiane Nüsslein-Volhard kreeg hör Diplom in Biochemie in Tübingen 1968 un weer van 1969 an wetenschaplich Mitarbeiterin aan dat dormalig Tübinger Max-Planck-Institut für Virusforschung. De Promotschoon to’n Doktor vun de Naturwetenschapen weer an de Universität Tübingen (1973) in dat Fack Genetik.[2] Hör wesentlichen Ergevnisse wurrn bi dat RNA-Polymerase-Meeting in Cold Spring Harbor vörstellt.[3] To de Personalpolitik vun dit Wark hett se in en Interview seggt: „Dabei hatte ich fast alle Experimente gemacht und den Aufsatz auch noch geschrieben. Mein Doktorvater meinte, mein Kommilitone solle vorn stehen, der habe Frau und Kind, der brauche seine Karriere.“[4]

As Postdoc hett se mit en Forschungsstipendium 1975/1976 an dat Laboratorium vun Walter Jakob Gehring in dat Biozentrum Basel arbeit, wo se hör Forschung to de biologische Gestaltbildung[5] anfung. 1977 weer se as Stipendiatin vun de Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an dat Laboratorium vun den Insektenembryologen Klaus Sander an de Universität Freiburg im Breisgau.[6]

Van 1978 bit 1980 hett se as Forschungsgruppenleiterin an dat nee upbaut Europäischen Molekularbiologischen Laboratorium (EMBL) in Heidelbarg arbeit. Dor hett se mit Eric Frank Wieschaus tosommen arbeit,[7] mit den den se later den Nobelpries kreeg. Dornah hett se en Nahwussgrupp an dat Friedrich-Miescher-Laboratoriumvun de Max-Planck-Gesellschaft in Tübingen (1981–1984) leit un 1985 wurr se sluutend Direktorin un Wetenschaplich Liddmaat an dat Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Een Johr later, 1986, kreeg se den Gottfried Wilhelm Leibniz-Pries vun de Deutsche Forschungsgemeinschaft, de hööchste Utteeknung in de düütsch Forschung. Dornah folgten Gast-Lehrupdrääg an de Harvard Medical Schoolvun de Harvard University (1988, 1991), de Yale University (1989), de Rockefeller University in New York (1991) un de Indiana University (1994). An de Tübinger Universität hett se siet 1991 en Honorarprofessur inne.

 
Kutikulapräparation eines Embryos von Drosophila melanogaster, etwa 22 h alt. Ventrale Ansicht mit Dentikeln. Anterior (de Kopp) is links.

Nüsslein-Volhard kreeg 1995 den Nobelpries för Physiologie oder Medizin tosommen mit Eric Frank Wieschaus un Edward Bok Lewis för hör Forschungen över de genetisch Stüern vun de Embryonalentwicklung. Se un Eric Wieschaus hemm Gene, de in dat Ei vun de Daufleeg (Drosophila melanogaster) de Anlaag vun den Körperplaan un de Segmente stüern, identifizeert un systematiseert. Se hemm de Gradiententheorie entwickelt, de dorstellt, wu dör Stoffgradienten in de Eizell un den Embryo de Genexpression stüert wurrd, un wies Parallelen in de Embryonalentwicklung tüschen Insekten un Wirbeldeerten up. Nah den Insekten wurr later de Zebrabärbling (Danio rerio) as eerst Wirbeldeert to den Hööftgegenstand vun de entwicklungsbiologischen Arbeiten vun Nüsslein-Volhard.

1998 hett se tosommen mit den langjohrigen Manager vun de Bayer AG, Peter Stadler, un den Kölner Genetiker Klaus Rajewsky dat Biotechnologie-Ünnernehmen Artemis Pharmaceuticals GmbH grünnd. Dat weer spezialiseert up de Entwicklung vun gentechnisch herstellt Medikamenten un streev middellfristig den Börsengang an. Dör de tüschentietlich vörnommen Fusion mit Exelixis in dat Johr 2001 un later mit Taconic Farms in dat Johr 2008 wurr Artemis Deel vun Taconic Farms, Inc.[8]

Nüsslein-Volhard weer van 2001 bit 2007 Liddmaat in’n Natschonalen Ethikraat. Van 2013 bit Juni 2021 weer se Kanzlerin vun den Orden Pour le Mérite vun de Bundsrepublik Düütschland.

2004 hett se de Christiane Nüsslein-Volhard-Stiftung (Eegenschrievwies: CNV-Stiftung) grünnd, de begabt jung Wetenschaplerinnen dör lütt un eng faat finanzielle Toschüsse de Kinnerbetüen oder den Koop vun Huushollensreedschapp lichter maken sall.[9]

Hör Neffe is de 2021 mit den Nobelpries för Chemie uttekent Chemiker Benjamin List. Se leevt in den Tübinger Stadtdeel Bebenhausen.[10]

Forschung

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De Forschungen vun Christiane Nüsslein-Volhard befaaten sück mit dat Billen vun Formen un Gestalten bi de Entwicklung vun Deerten. An de Daufleeg Drosophila hett se tallriek Gene opdeckt un beschreeven, de de Entwicklung stüern un entscheeden Funktschonen bi de Gestaltbildung in‘n Embryo hemm.[11] In molekularen Studien wurrn de Funktschonen vun eenige vun disse Gene in’n Organismus upkloort. Dorbi wurrn nee gestaltbilend Mechanismen nahwiest, as Gradienten, bi denen Morphogene as entscheeden Faktoren de Positschoon in‘t Ei bestimmen.[12] Verglieken tüschen verscheeden Organismen insluutend de Minschen hemm en hooch Grad vun de Verwandschap vun hör Gene ergeven. Dat ünnerstriekt de Bedüüden vun de Grundlagenforschung an Modellorganismen as Drosophila för dat Verständnis vun Aspekten vun de minschlich Biologie un Medizin.

Siet mehreren Johren arbeit de Grupp vun Nüsslein-Volhard ok an den Zebrabärbling (Danio rerio), de en hervörragend nee Modellsystem för de Ünnersöken vun de Gestaltbildung bi Wirbeldeerten dorstellt.[13]

En Teel vun disse Forschung is dat, Gene to finnen, de bi de Variatschoon vun de Formen wiels de Evolutschoon en Rull spelen. Dat gifft mehr as 140 Originalpublikatschonen in wetenschaplich Tietschriften.

Ehrungen un Liddmaatschapen

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Warken

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Nüsslein-Volhard hett tallriek in Fachjournalen verfaat. Dorneben hett se eenige Saak- un Populärwietenschapliche Böker.

Warken in Facktietschriften (Utwahl)

  • C. Nüsslein-Volhard, E. Wieschaus: Mutations affecting segment number and polarity. Nature 287 (1980), S. 795–801.
  • W. Driever, C. Nüsslein-Volhard: A gradient of bicoid protein in the Drosophila embryo. Cell 54 (1988), S. 83–94.
  • D. St.Johnston, C. Nüsslein-Volhard: The Origin of Pattern and Polarity in the Drosophila Embryo. Cell 68 (1992), S. 201–219.
  • C. Nüsslein-Volhard: The identification of Genes controlling Development in Flies and Fishes. Les Prix Nobel, Stockholm 1996.
  • H. Knaut, C. Werz, R. Geisler, C. Nüsslein-Volhard (The Tübingen 2000 screen Consortium): A zebrafish homologue of the chemokine receptor Cxcr4 is a germ-cell guidance receptor. Nature 421(6920) (2003), S. 279–282.
  • D. Gilmour, H. Knaut, H.-M. Maischein, C. Nüsslein-Volhard: Towing of sensory axons by their migrating target cells in vivo. Nature Neurosci. 7(5) (2004), S. 491–492.

Sachbücher

  • Von Genen und Embryonen. Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-018262-X.
  • Das Werden des Lebens – Wie Gene die Entwicklung steuern. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51818-4.
  • Wann ist ein Mensch ein Mensch? C. F. Müller, 2003.
  • Gradienten als Organisatoren der Embryonalentwicklung. In: Spektrum der Wissenschaft.
  • Mein Kochbuch. Insel, ISBN 978-3-458-06880-8.
  • Coming to life: how genes drive development. Kales Press, USA 2006, ISBN 978-0-9670076-7-0.
  • Die Schönheit der Tiere: Evolution biologischer Ästhetik, Berlin : Matthes & Seitz 2017, ISBN 978-3-95757-457-2.

Populärwetenschapliche Warken

  • Vom Ei zum Organismus. Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1991, S. 37–52.
  • Die Neubildung von Gestalten bei der Entwicklung der Tiere. Verhandlungsband der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte, 1993.
  • Gradienten als Organisatoren der Embryonalentwicklung. Spektrum der Wissenschaft, Oktober 1996.
  • Genetik für Gourmets. Offener Brief an Wolfram Siebeck. Die Zeit, November 1998.
  • Den Göttern gleich ich nicht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Februar 2001.
  • Wann ist ein Tier ein Tier, ein Mensch kein Mensch? Frankfurter Allgemeine Zeitung, Oktober 2001.
  • Von Genen und Embryonen. Berliner Lektion, 2001.
  • Der Mensch nach Maß – unmöglich. Süddeutsche Zeitung am Wochenende, Dezember 2001.
  • Frauen an die Forschungsfront. Die Zeit, Mai 2002.
  • Kinderwunsch – Wunschkinder. Ein Pro zur Präimplantationsdiagnostik. In: Emma, 2002.
  • Forschung an menschlichen Embryonen? In: Knoepffler, Schipanski (Hrsg.): Humanbiotechnologie als gesellschaftliche Herausforderung. Verlag Karl Alber, 2005, S. 25–44.
  • Warum Tiere so verschieden aussehen: Von Fliegen, Fischen und der Entstehung der Wirbeltiere. In: Vom Urknall zum Bewusstsein. Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, Georg Thieme Verlag, 2007, S. 207–224.

Literatur

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  Christiane Nüsslein-Volhard. Mehr Biller, Videos oder Audiodateien to’t Thema gifft dat bi Wikimedia Commons.

Enkeld Nahwiesen

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  1. Vörlaag:Nobel-med
  2. Christiane Nüsslein: Zur spezifischen Protein-Nukleinsäure-Wechselwirkung: Die Bindung von RNS-Polymerase aus E. coli an die Replikative-Form-DNS des Bakteriophagen fd und die Charakterisierung der Bindungsstellen. Dissertation. Eberhard-Karls-Universität, Tübingen 1973; erschienen 1974.
  3. Peter H. Seeburg, Christiane Nüsslein, Heinz Schaller: Interaction of RNA polymerase with promoters from bacteriophage fd. In: Eur J Biochem 74, 1977: 107–113. PDF.
  4. Andreas Sentker: Wie setzt man sich durch, Frau Nüsslein-Volhard? In: Die Zeit. 23. Januar 2020, afropen an’n 6. Februar 2020 (Blots as Abonnent aftoropen).
  5. Petra Nellen: Nüsslein-Volhard, Christiane. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1058.
  6. Christiane Nüsslein-Volhard, Margit Lohs-Schardin, Klaus Sander, Christoph Cremer: A dorso-ventral shift of embryonic primordia in a new maternal-effect mutant of Drosophila. In: Nature 283, 5746, 1980: S. 474–476.
  7. Christiane Nüsslein-Volhard, Eric Wieschaus: Mutations affecting segment number and polarity in Drosophila. In: Nature 287, 5785, 1980: S. 795–801.
  8. Custom Model Generation Solutions Management (engelsch). Websteed vun Taconic Farms, Inc. Afropen an’n 16. Juli 2018.
  9. Zweck der Förderung: "Die Mittel dienen nicht der Finanzierung des Lebensunterhalts der Stipendiatin und ihrer Familie. Dieser muss bereits abgesichert sein. Auch wird vorausgesetzt, dass die Stipendiatin während des Förderzeitraums vollzeitig arbeitet und eine ganztägige Betreuung des Kindes/der Kinder durch eine Tagesstätte oder Tagesmutter gewährleistet und finanziert ist. (...) Die Förderung beträgt 400 Euro im Monat über einen Zeitraum von einem Jahr. Die finanzielle Unterstützung soll zur Entlastung im Haushalt und bei der Kinderbetreuung beitragen, um Zeit für die wissenschaftliche Arbeit zu gewinnen. Diese Mittel können z.B. zur Einstellung von Haushaltshilfen, Anschaffung von Geräten wie Spül- oder Waschmaschine und für zusätzliche Kinderbetreuung verwendet werden (z.B. Babysitter in den Abendstunden oder während Reisen zu Tagungen)."
  10. Nobelpreis für Nüsslein-Volhards Neffen: „Wahnsinnig stolz“. Afropen an’n 6. Oktober 2021.
  11. Hans Georg Frohnhöfer, Ruth Lehmann, Christiane Nüsslein-Volhard: Manipulating the anteroposterior pattern of the Drosophila embryo. In: Embryol Exp Morph 97 Suppl, 1986: 169–179. PDF.
  12. Thomas Berleth, Maya Burri, Gudrun Thoma, Daniel Bopp, Sibyll Richstein, Gabriella Frigerio, Markus Noll, Christiane Nusslein-Volhard: The role of localization of bicoid RNA in organizing the anterior pattern of the Drosophila embryo. In: The EMBO Journal. Band 7, Nummer 6, Juni 1988, S. 1749–1756, PMID 2901954, PMC 457163 (fre’en Vulltext).
  13. Kerstin Howe, Matthew D Clark, Carlos F Torroja, (…), Christiane Nüsslein-Volhard, Tim J P Hubbard, Hugues Roest Crollius, Jane Rogers, Derek L Stemple: The zebrafish reference genome sequence and its relationship to the human genome. In: Nature. Band 496, Nummer 7446, April 2013, S. 498–503.
  14. Mitgliedseintrag Christiane Nüsslein-Vollhard. In: leopoldina.org. Afropen an’n 14. Dezember 2021 (de-DE).
  15. Nüsslein-Volhard übernimmt Pour-le-mérite-Vorsitz. Schwäbisches Tagblatt, Tübingen